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Polarmetrie mit PERFORM

Die Verwendung der Polarisation elektromagnetischer Wellen bei Radarmessungen birgt großes Potential zur Erkennung und Klassifikation von Zielen in heterogenen Szenen. PERFORM macht die Radarpolarimetrie kostengünstig verfügbar und kann nachträglich in Bestandssysteme integriert werden.

PERFORM-Reflektoren für Ku-, Ka- und E-Band.
© Fraunhofer FHR/Bellhäuser
PERFORM-Reflektoren für Ku-, Ka- und E-Band.
Anordnung für Messungen im E-Band. Die Halterung auf der rechten Seite umschließt eine linear polarisierte Hornantenne, an die ein Radar angeschlossen werden kann.
© Fraunhofer FHR/Bellhäuser
Anordnung für Messungen im E-Band. Die Halterung auf der rechten Seite umschließt eine linear polarisierte Hornantenne, an die ein Radar angeschlossen werden kann.
Mit E-Band-Messanordnung aufgenommene Entfernungsprofile. Durch polarimetrische Auswertung konnte so ein Doppel- von einem Tripelreflektor unterschieden werden.
© Fraunhofer FHR
Mit E-Band-Messanordnung aufgenommene Entfernungsprofile. Durch polarimetrische Auswertung konnte so ein Doppel- von einem Tripelreflektor unterschieden werden.

Auch für moderne Radarsysteme ist das Erkennen, Unterscheiden und Charakterisieren von Radarzielen immer dann eine besonders große Herausforderung, wenn sich diese in einer sehr uneinheitlichen Umgebung befinden. Vielversprechend ist hier die Radarpolarimetrie. Sie kann Radarziele wesentlich umfangreicher charakterisieren als konventionelle Radare.

Jedes Objekt streut ein Radarsignal auf charakteristische Weise zurück. Dieses physikalische Prinzip nutzen alle Radarsysteme: Mit entsprechenden Signalverarbeitungsalgorithmen bestimmen diese aus dem reflektierten Signal Entfernung, Geschwindigkeit, Position, Größe und/oder Form des Radarziels. Je heterogener die Radarszene ist, je mehr unterschiedliche Objekte also für das Radar sichtbar sind, desto komplexer wird es jedoch, die reflektierten Wellen aus der Überlagerung unterschiedlicher Streumechanismen zu trennen und zu filtern. Mit polarimetrischen Radaren können Ziele in solchen Situationen deutlich einfacher voneinander unterschieden und identifiziert werden. Anders als herkömmliche Radare werden unterschiedlich polarisierte Hochfrequenzsignale, d. h. elektromagnetische Wellen mit verschiedenen Schwingungsrichtungen, abgestrahlt und empfangen. Aufgrund von Streu- oder Ausbreitungsmechanismen wird die Polarisation charakteristisch verändert. Die empfangsseitige Polarisationstrennung und anschließende polarimetrische Auswertung durch geeignete Zerlegungsverfahren erlaubt die Identifikation und Unterscheidung von Objekten und Ausbreitungsphänomenen. Auf diese Weise wird der Kontrastumfang einer Szene deutlich erhöht. Es ist sogar möglich verdeckte Ziele zu detektieren, die mit klassischen Sensoren nicht erkennbar sind, solange diese die Polarisation der einfallenden Welle verändern.

Anwendung findet dieses Prinzip bereits in der Fernerkundung und bei Wetterradaren. Im Rahmen der Fernerkundung können so Radarziele wie z. B. künstliche Bebauung und Vegetation diskriminiert sowie klassifiziert oder für das Precision Farming diverse Landschafts- und Vegetationsmerkmale voneinander getrennt und charakterisiert werden. Meteorologische Radarsysteme nutzen die Polarimetrie zur Erkennung verschiedener Niederschlagsteilchen, um so beispielsweise Hagel von Regen unterscheiden zu können. Allerdings sind bisherige polarimetrische Radarsysteme komplex und wegen eines erheblichen Mehraufwands an Hardware kostenintensiver und störanfälliger als konventionelle Radare.

Das Fraunhofer FHR hat deshalb mit PERFORM einen rein passiven Reflektor entwickelt, der vor die Sende- und/oder Empfangsantenne eines Radarsystems gesetzt werden kann und ohne zusätzliche Umschalter oder Sende- und Empfangszüge die Polarisation der elektromagnetischen Wellen verändert. Die Kontrolle der Polarisation erfolgt lediglich über unterschiedliche Frequenzbänder. Der Reflektor basiert auf einer Gruppenanordnung von gekoppelten Resonatoren, die entweder eine direkte Reflektion oder eine resonatorbasierte Polarisationsdrehung hervorrufen, je nachdem welches Frequenzband genutzt wird. Mit deutlich reduziertem Hardwareaufwand als bisher sind so günstigere, kompaktere und robustere polarimetrische Radare realisierbar.

Neben geologischen oder meteorologischen Fragestellungen wie beispielsweise der Überwachung und Charakterisierung von Infrastruktur, Biomasse, Waldgebieten, Eisflächen oder Atmosphärenschichten sind weitere vielversprechende polarimetrische Anwendungen in den Bereichen autonomes Fahren, Weltraumüberwachung oder Verteidigung möglich. Bestehende Radarsysteme sind mit einem PERFORM-Reflektor kostengünstig nachrüstbar. Aufgrund des Innovationsgrades und der vielseitigen Anwendungsmöglichkeit des Systems wurde ein Patent angemeldet.

Mehrere Prototypen im Ku-Band (14,1-15,9 GHz), Ka-Band (32,9-37,1 GHz) und E-Band (77,0-81,0 GHz) wurden bereits am Fraunhofer FHR erfolgreich realisiert und das Funktionsprinzip durch gute Übereinstimmung zwischen Simulation und Messung nachgewiesen. In den kommenden Monaten soll ein Prototyp im Ka-Band für polarimetrische SAR-Messungen aus der Luft verwendet werden, um erste Radarabbildungen zu erzeugen.

Das Fraunhofer FHR erschließt auf diese Weise die Radarpolarimetrie für seine Kunden und Partner und verhilft deren Radarsystemen durch die optimale Anpassung an die jeweiligen Aufgabenfelder zu einer deutlich klareren Sicht.