Verkehr

Zeitdynamische Radarsimulation von Verkehrsszenarien in Echtzeit

Sollen neue Fahrerassistenzsysteme entwickelt werden, sind bis dato zahlreiche Testfahrten nötig. Schließlich müssen die Entscheidungsalgorithmen entsprechend trainiert werden. Am Fraunhofer FHR wurde nun ein Simulationstool entwickelt, das Radarrohdaten erzeugt und zeitdynamische Prozesse elektromagnetisch simuliert – basierend auf Physikalischer Optik und je nach Komplexität in Echtzeit. Wie geschaffen also, um aufwändige Testfahrten zu ersetzen.

© Fraunhofer FHR / Stefan Wald
Simulierter RCS (Radar Cross Section) eines Golf III Modells.

Fahrerassistenzsysteme erleichtern dem Autofahrer den Überblick zu behalten und sorgen somit für mehr Sicherheit. Dazu sind Umgebungssensoren nötig, die das Umfeld des Autos zuverlässig »im Blick« behalten, sowie Algorithmen, die diese Daten auswerten und hinsichtlich der Sicherheit notwendige Entscheidungen treffen. Bislang werden diese Algorithmen überwiegend auf realen Testfahrten geprüft und trainiert – ein aufwändiges und teures Unterfangen.  

Schnelle Simulationen statt langwieriger Testfahrten

Über das Tool GOPOSim des Fraunhofer FHR lassen sich Rohdaten für das Testen der Algorithmen erzeugen – und auf diese Weise Testfahrten ersetzen. Und, das ist das Besondere: Auch für zeitdynamische Prozesse, wie sie in Verkehrsszenarien ja allerorten stattfinden, etwa weil ein Radfahrer aus einer Seitenstraße ohne zu schauen die Fahrbahn überquert. Das Simulationstool wird bereits in verschiedenen Projekten mit Industriekunden eingesetzt. Die Ergebnisse können auch als Objektliste aufbereitet, im Radarzielsimulator ATRIUM eingesetzt werden, mit dem Radarsensoren Over-the-Air getestet werden können.  

Mit der Software lassen sich Rohdaten erstellen, die für die Auswertung von Mikro-Doppler-Effekten an beweglichen Objekten in der Szene geeignet sind. Solche treten auf, wenn bei einem Objekt mehrere größere und kleinere Bewegungen überlagert sind – zum Beispiel die Bewegung von Armen und Beinen eines laufenden Fußgängers, bei der sich die Gliedmaßen unabhängig vom Fußgänger bewegen. Über solche Mikro-Doppler-Signaturen können mit entsprechenden Algorithmen Klassifizierungen durchgeführt werden, mit denen ein Fußgänger, ein Fahrradfahrer oder ein Fahrzeug identifiziert werden können. Die Simulation basiert auf einem deterministischen Raytracing-Verfahren sowie Physikalischer Optik bei der Berechnung der Streuung an den Objekten. Im Gegensatz zum »Shooting and Bouncing Rays«-Algorithmus, bei dem eine feste Anzahl von Strahlen in den Raum gesendet werden, versendet man bei GOPOSim nur die Strahlen in den Raum, von denen man weiß, dass sie auch auf Objekte treffen – man spricht dabei von einem analytischen Ansatz. Der entscheidende Vorteil: Die Simulationszeit kann entscheidend reduziert werden, zudem sind bereits je nach Komplexität Simulationen in Echtzeit möglich. Dies ist Voraussetzung für Software in the Loop oder Hardware in the Loop Simulationen.