Verkehr

Antennenentwicklung für zukünftige Automobilradare

Radar ist der wichtigste Sensor für autonomes Fahren. Ein hohes räumliches Auflösungsvermögen wird durch eine große Anzahl von Antennen erreicht, welche alle jeweils mit einzelnen Toren integrierter Radar-ICs verbunden werden müssen. Bei der Auslegung der komplexen hochfrequenztechnischen Verbindungsnetzwerke stoßen die bisher verwendeten Leiterplattentechnologien an ihre Grenzen.

Radarsensoren mit einer guten räumlichen Auflösung sind unerlässlich für die Sicherheit autonomer Fahrzeuge.
© iStockphoto/Fraunhofer FHR
Radarsensoren mit einer guten räumlichen Auflösung sind unerlässlich für die Sicherheit autonomer Fahrzeuge.
Automobile MIMO-Radare auf Basis heutiger MMICs benötigen komplexe Netzwerke von Hochfrequenzleitungen, zum Anschluss einer großen Anzahl von Einzelantennen. Die Hohlleitertechnologie bietet hier große Flexibilität und geringste Verluste.
© Fraunhofer FHR
Automobile MIMO-Radare auf Basis heutiger MMICs benötigen komplexe Netzwerke von Hochfrequenzleitungen, zum Anschluss einer großen Anzahl von Einzelantennen. Die Hohlleitertechnologie bietet hier große Flexibilität und geringste Verluste.
Ein erster Prototyp einer Hohlleiterantenne mit komplexer Leiterführung wurde am FHR entwickelt, aufgebaut und charakterisiert.
© Fraunhofer FHR/Bellhäuser
Ein erster Prototyp einer Hohlleiterantenne mit komplexer Leiterführung wurde am FHR entwickelt, aufgebaut und charakterisiert.

Die Vision des autonomen Fahrens ist mittlerweile in greifbare Nähe gerückt. Ermöglicht wird dies durch die intelligente Fusion einer Reihe verschiedener aktiver Sensoren wie Lidar, Radar und solcher basierend auf Ultraschall in Kombination mit passiven Sensoren wie optischen Kameras, Beschleunigungs- und Geschwindigkeitsmessern, Empfängern für die globalen Navigationssatellitensysteme (GNSS) in Verbindung mit digitalen Karten und dem Datenaustausch des Fahrzeugs mit seiner Umgebung (car-2-x-Kommunikation). Unter den aktiven Sensoren nimmt Radar eine besondere Stellung ein. Einige der Vorteile – neben den relativ geringen Kosten – sind die Allwettertauglichkeit, die Reichweite und die Vielfalt an Informationen, die aus den Radarsignalen gewonnen werden kann.

In der Radartechnik ist eine große Anzahl unterschiedlicher Verfahren bekannt, mit denen Position, Geschwindigkeit und spezielle Eigenschaften eines einzelnen Objekts bestimmt und mehrere Objekte voneinander getrennt werden können. Im Automobilbereich hat sich aus Kostengründen die Kombination frequenzmodulierter Dauerstrichsignale (FMCW) zur Bestimmung der Entfernung und der radialen Geschwindigkeit mit einer Richtungsbestimmung anhand des Vergleichs der Empfangsphase mehrerer Empfangsantennen (digital beamforming) durchgesetzt. Dazu werden meist separate Sende- und Empfangsantennen verwendet. Die Minimalkonfiguration besteht aus einer Sendeantenne und zwei Empfangsantennen. Die Empfangsantennen werden dabei in einem horizontalen Abstand von einer halben Freiraumwellenlänge angeordnet. Damit lassen sich unter idealen Bedingungen einzelne Objekte in der horizontalen Ebene in verschiedenen Entfernungen detektieren. Um Verschlechterungen der Wellenausbreitungsbedingungen, verursacht z. B. durch eine Antennenabdeckung (Radom) oder eine weitere Kunststoffabdeckung (Herstelleremblem, Stoßfänger, usw.), Herstellungstoleranzen oder Verschmutzungen entgegenzuwirken und um mehrere Reflexionen in der gleichen radialen Entfernung unter verschiedenen Winkeln trennen zu können, werden i. d. R. drei oder mehr Empfangsantennen verwendet. Die Empfangsantennen können dabei auch in vertikaler Richtung verschoben zueinander angeordnet werden. Damit ergibt sich die Möglichkeit, ebenfalls die Höhe von Objekten über dem Erdboden zu messen.

Die nächste Ausbaustufe verwendet schließlich mehrere Sendeantennen an verschiedenen Positionen. Durch geschickte räumliche Verteilung der Sende- und Empfangsantennen kann nach dem multiple-input/multiple-output (MIMO) Prinzip eine virtuelle Gruppenantenne erzeugt werden, deren räumliches Auflösungsvermögen deutlich besser ist, als die reale Apertur des Radarsensors es zulassen würde. Die Hersteller automobiler Radarsensoren arbeiten derzeit z. B. an Systemen mit 12 Sende- und 16 Empfangsantennen. Die dazu nötigen hochintegrierten Hochfrequenzschaltungen (MMICs) mit FMCW-Radarsignalerzeugung und entsprechenden Empfängern werden gegenwärtig von mehreren großen IC-Herstellern wie Infineon, Texas Instruments oder NXP angeboten. Diese MMICs verfügen typischerweise über drei unabhängige Sende- und vier Empfangskanäle. Mit vier dieser MMICs lässt sich somit einer der oben erwähnten Radarsensoren aufbauen.

Aus Kostengründen werden als Antennenelemente meist gedruckte Strahlerelemente wie Mikrostreifenantennen oder oberflächenintegrierte (SIW), geschlitzte Hohlleiter eingesetzt, da diese monolithisch mit den Radar-MMICs und evtl. weiteren Elektronikbauelementen auf der selben gedruckten Leiterplatte integriert werden können. Bei einer so großen Anzahl von Antennenelementen wie die aktuellen Generationen der Radarsensoren sie verwenden möchten, wird die Führung der Hochfrequenzleitungen zwischen MMICs und Antennen allerdings zu einer großen Herausforderung. Eine Lösung auf Basis gedruckter, mehrlagiger Schaltungen scheint aufgrund der dazu nötigen großen Anzahl von Lagen, Lagenwechseln und insbesondere der Leitungsverluste unrealistisch.

Im Auftrag der Firma Continental ADC Automotive Distance Control Systems GmbH hat das Fraunhofer FHR einen ersten Schritt in Richtung einer Antennenlösung basierend auf gefrästen, metallischen Hohlleitern und Sektorhornantennen entwickelt. Das komplexe Speisenetzwerk zwischen MMICs und Antennen wurde als Schichtaufbau zunächst in Aluminium realisiert. Eine speziell angepasste Abdeckung aus radarabsorbierendem Material der nicht genutzten Bereiche auf der Antennenseite der Hohlleiterschaltung soll die Installation eines Radoms und die Integration in ein Fahrzeug vereinfachen. Die Vollwellensimulation und die Vermessungen der Antenneneigenschaften haben eine hohe Strahlungseffizienz, geringe gegenseitige Antennenverkopplung und sehr störungsarme Strahlungsdiagramme ergeben. Erste Radarexperimente verliefen sehr vielversprechend. Der nächste Entwicklungsschritt konzentriert sich nun auf eine kostengünstige Herstellung mit anderen Materialien und Verfahren.