Verteidigung

Deutsch-Schweizer Kooperation: Miniaturisiertes Radarsystem mit Livestream vom Flugzeug zum Boden

Bildgebende Verfahren wie Radar sind für die Bundeswehr äußerst wichtig, vor allem Luftaufnahmen geben viel Aufschluss. Mit einem Radarsystem, das das Fraunhofer FHR in einer deutsch-schweizerischen Kooperation entwickelt hat und stets weiter optimiert, lassen sich bewegte Ziele ebenso erkennen wie Höhenunterschiede. Während eines Testflugs konnten die erfassten Daten direkt zur FHR-eigenen Bodenstation geschickt werden.

© Fraunhofer FHR
Polarimetrisches SAR-Bild (Rot: co-polar, Grün: cross-polar) des Flugplatzes Mönchsheide.
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Vierkanaliges Radarsystem MIRANDA35 im Wingpod des Ultraleichtflugzeugs»Delphin«, zu erkennen sind die vier Empfangsantennen und die Sendeantenne des Radar-Frontends.
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Bodenstation mit Telemetrieantenne auf einem Feld südlich von Bad Breisig während der Messkampagne 2020.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte? Dieses Sprichwort kommt nicht von ungefähr. Auch die Bundeswehr weiß bildgebende Verfahren zu schätzen – vor allem den guten Überblick aus der Luft. Hat sich seit dem letzten Überflug etwas in der Umgebung verändert? Bewegt sich etwas am Boden, beispielsweise ein Panzer? In einer deutsch-schweizerischen Kooperation arbeiten das Fraunhofer FHR, die Universität Zürich und die Armasuisse daran, solche Fragen via Radar bestmöglich zu beantworten. Mit ihrem hochauflösenden, vierkanaligen SAR – kurz für» Synthetisches Apertur Radar« – lassen sich Änderungen erfassen, bewegte Objekte identifizieren und sogar Höhenunterschiede bestimmen.

Die vier Empfangsantennen des Systems sind »kreuzförmig« angeordnet – auf allen vier Kanälen werden gleichzeitig Daten aufgezeichnet. Auf diese Weise lassen sich »along track«-Informationen gewinnen, um z. B. bewegte Ziele am Boden zu erkennen, und gleichzeitig die »cross track«-Daten aufzeichnen, aus denen sich mittels Interferometrie z. B. Höhenunterschiede detektieren lassen. Zusätzlich zu den Radardaten nimmt das System optische Kamerabilder auf, die ebenfalls mit zum Boden geschickt werden und die Interpretation der Radarabbildungen erleichtern. Einer der vier Empfangskanäle ist zudem auf einen polarimetrischen Betrieb ausgelegt: Die ausgesandten Radarwellen sind in einer Ebene linear polarisiert. Treffen diese auf Kanten, Ecken und ähnliche menschgemachte Dinge, kann sich ihre Polarisationsrichtung drehen – aus dieser Drehung wiederum lassen sich wertvolle Schlüsse ziehen.

Testflüge mit Ultraleichtflugzeug

Die deutsch-schweizerische Kooperation besteht bereits seit mehr als zehn Jahren: Das Fraunhofer FHR entwickelt die Hardware (Radarsystem MIRANDA35) und organisiert die Testflüge, die Universität Zürich übernimmt die Auswertung. Finanziert werden die Entwicklungen von der Armasuisse. Einmal im Jahr müssen die neu implementierten Techniken einen Praxistest bestehen: Liefern sie die gewünschten Ergebnisse? Damit das System auch vom Ultraleichtflugzeug »Delphin« des Fraunhofer FHR getragen werden kann, wurde es nun verkleinert: Dazu mussten alle Komponenten des Radarsystems in einem kleinen Wingpod unter der rechten Tragfläche untergebracht werden. Eine große Herausforderung bestand darin, die Traglast der »Delphin« nicht zu überschreiten.

Die Testflüge mit dem Ultraleichtflugzeug fanden vom 21. bis 24. September 2020 vom Flugplatz Mönchsheide aus statt – es wurden Koblenz, das Rheintal und die Umgebung überflogen. Um bewegte Ziele zu detektieren, überflog die "Delphin" mehrere Male auch die Rheinfähre in Königswinter. Ein GPS-Sender auf der Fähre lieferte Kontrollwerte. Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Alle Komponenten sind voll funktionsfähig und liefern die gewünschten hochaufgelösten SAR-Bilder.

Besonderheiten: Online-SAR und eigene Bodenstation

Die Daten werden bereits an Bord der "Delphin" in Echtzeit prozessiert und als Bilddateien zur Bodenstation geschickt. Denn die Rohdaten wären viel zu groß, um sie während des Flugs gen Boden zu schicken. Ein solches Online-SAR bietet einen erheblichen Vorteil: Mitarbeitende am Boden erhalten die Abbildungen noch während des Überflugs – sie können dem Piloten beispielsweise umgehend signalisieren, eine interessante Stelle noch einmal zu überfliegen. Eine weitere Besonderheit: Das Fraunhofer FHR betreibt eine eigene Bodenstation und ist somit komplett autark. Von dort lässt sich das Radar steuern, der Flugtrack managen und überwachen und Daten in einem Umkreis von 40 bis 50 Kilometern vom Flugzeug empfangen. Da die Station in einem Lieferwagen untergebracht ist, ist sie mobil.

In einer Weiterentwicklung arbeitet das Fraunhofer FHR nun daran, auch in großen Höhen mit voller Bandbreite (hoher Entfernungsauflösung) messen zu können. Der Hintergrund: Das Radarsystem beleuchtet den Boden unter einem bestimmten Winkel. Steigt das Flugzeug höher, vergrößert sich das beleuchtete Gebiet – die Datenmenge erhöht sich. Mit einer Erweiterungsplatine soll das System künftig auch in größeren Höhen hochaufgelöste Bilder liefern.