Verteidigung

Passives Radar via Satellitensignal

Ein passives Radar der anderen Art entwickelt das Fraunhofer FHR derzeit mit dem System SABBIA 2.0: Statt terrestrische Sender für die Beleuchtung zu nutzen, blickt es auf die Signale, die von geostationären Satelliten abgegeben werden. Dabei kann es seine Arbeit auch von bewegten Plattformen wie Schiffen verrichten.

© Fraunhofer FHR/Cristallini
The SABBIA 2.0 system mounted on a rotating platform.
© Fraunhofer FHR/Cristallini
The SABBIA 2.0 system mounted on a rotating platform.

Üblicherweise nutzt man beim Radar Signale, die vom Radarsystem selbst abgegeben werden. Doch können diese Signale natürlich auch von feindlichen Systemen gesehen werden. Unauffälliger ist das passive Radar: Dabei nutzt man Fremdbeleuchter, etwa Radiosignale, die bereits in der Luft zur Verfügung stehen. Forschende des Fraunhofer FHR gehen dazu nun einen Schritt weiter: Statt auf terrestrische Beleuchter setzen sie mit dem System SABBIA 2.0 auf die Signale geostationärer Satelliten, die für Fernsehsender ausgestrahlt werden. Die Vorteile: Zum einen sind diese Signale auch in Gebieten verfügbar, in denen es mit terrestrischen Signalen schlecht aussieht, beispielsweise Offshore. Zum anderen haben die Signale eine größere Bandbreite und damit eine höhere Entfernungsauflösung. Weltweit gibt es derzeit kein anderes System, dass so eine große Bandbreite an Signalen verarbeiten kann wie SABBIA 2.0.


Passive Radare auf bewegten Plattformen


SABBIA 2.0 bietet eine weitere Besonderheit: Die Radare lassen sich auf einer bewegten Plattform anbringen, etwa auf einem Schiff – die eigene Bewegung wird kompensiert. Die Basis dafür bildet ein Satellitenempfänger der deutschen Firma EPAK GmbH, der über zwei Antennen verfügt. Eine dieser Antennen schaut stets in Richtung Satellit, eine in Richtung Ziel. Denn, wie beim Passivradar üblich: Um ein Ziel entdecken zu können, ist eine Kreuzkorrelation zwischen dem Direktsignal und dem Echo des Ziels nötig.


Ein erster Schritt in Richtung Klassifizierung ist bereits gemacht: Über die Auflösung lassen sich die verschiedenen Rückstreu-Mechanismen entkoppeln und daraus weitere Informationen generieren. Derzeit erfolgt ein Testlauf auf dem Gelände des Fraunhofer FHR. Dabei befindet sich das Radarsystem auf einer Drehplattform mit einem Durchmesser von sechs Metern und behält ein festes Ziel im Visier, etwa einen LKW. Im Laufe des Jahres 2022 sollen dann auch Messungen auf einem Schiff folgen. Die Frequenzen, bei denen SABBIA arbeitet, sind deutlich höher als die von üblichem Passivradar – das System ist daher empfindlicher gegenüber dem Doppler- und dem Mikrodoppler-Effekt, bei dem sich Objekte wie Drohnen bzw. Teilobjekte wie die Rotorblätter bewegen. Drohnen aufzuspüren und zu klassifizieren, ist daher ebenfalls ein interessanter Anwendungsbereich für SABBIA 2.0. Künftig könnte das System auch die Signale der knapp 42.000 Starlink-Satelliten nutzen, die Elon Musk ins Weltall befördern möchte.