Verteidigung

Multistatisches Radar: Timing-Alternative bei gestörtem GPS-Empfang

Weltweit verlässt man sich auf GPS-Signale – doch sind diese anfällig für Manipulationen. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer FHR entwickeln eine Timing-Alternative für den multistatischen Radarbetrieb.

© Fraunhofer FHR
Adaptives Teaming-Clock-Netzwerk im Test - es werden beliebige Plattformtrajektorien simuliert.

Ohne Navigationssoftware wären viele Menschen aufgeschmissen – insbesondere in fremden Städten verlässt man sich nur zu gern auf die freundliche Stimme, die einem den Weg weist. Auch abseits des privaten Weg-Findens ist die Welt abhängig von GPS-Signalen und Satellitennavigation, stellen diese doch sehr akkurate Daten zu Position und Zeit zur Verfügung. Doch gibt es auch ein »Aber«: GPS-Signale sind sehr leicht zu stören und auszuschalten – man spricht dabei von Jamming – oder aber zu manipulieren, so dass das System sich an einem anderen Ort wähnt. Vor allem für kritische Operationen gilt daher: GPS alleine ist nicht verlässlich. Allerdings hapert es derzeit noch an Alternativen.


An einer solchen arbeiten Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer FHR: Die Problematik zeigt sich bei multistatischem Radar. Dabei befinden sich Sende- und Empfangsstation an verschiedenen Stellen, etwa auf zwei Gebäuden oder auf bewegten Plattformen wie Schiffen, Flugzeugen oder Drohnen. Der Vorteil von multistatischem gegenüber herkömmlichem Radar: Durch die verschiedenen Standorte können Mehrinformationen gewonnen werden, beispielsweise lassen sich Stealth Flieger entdecken. Der Effekt ist vergleichbar mit den menschlichen Augen, die durch ihre verschiedene Position räumliches Sehen erlauben. Auch ist multistatisches Radar robuster gegen feindliche Störungen und Gegenmaßnahmen und empfindlicher gegenüber kleinen Zielen. Doch ist es auch wesentlich komplexer: Vor allem müssen Zeiten und Frequenzen synchronisiert werden – und zwar auf wenige Nanosekunden, mitunter sogar auf Sub-Nanosekunden genau. Zudem muss die Entfernung zwischen den Plattformen exakt bekannt sein. Was statische Plattformen angeht, ist das kein großes Problem. Schwierig wird es allerdings bei bewegten Plattformen. Um die Distanz zwischen den beiden bewegten Radarsystemen zu bestimmen und deren Uhren miteinander zu synchronisieren, sendet eine Hauptuhr via Zwei-Wege-Zeitübertragungstechnik ihre Zeit an eine oder mehrere Nebenuhren. Entwickelt wird also eine Peer-to-Peer-Lösung, bei der sich die Plattformen in einem geschlossenen System synchronisieren. Ein Drittsystem wie eine Bodenbasisstation ist unnötig.  


Nun braucht es eine Testumgebung, um diese Idee zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Die Systeme auf zwei Flugzeuge zu schnallen, übersteigt bei Weitem den Kostenrahmen, auch der Aufwand ist deutlich zu hoch. Die Forschenden haben daher eine Alternative geschaffen: Sie verbinden die beiden Uhren, die sich ja eigentlich auf zwei bewegten Plattformen befinden sollten, mit Kupferkabeln, während ein Algorithmus den Systemen vorgaukelt, dass sie sich bewegen. Auf diese Weise hat das Team die Möglichkeit, sich bewegende Plattformen zu untersuchen, während diese in Wirklichkeit still im Labor stehen. Langfristig plant das Team, auch relativistische Effekte auf dieser Plattform mit einzubeziehen. Auch arbeitet es daran, die Navigation via Broadcast-Signalen zu realisieren, also über einen passiven Ansatz.